Machen wir es kurz: Die SSG hat gegen die SG Hermsdorf-Waidmannslust II verloren. 25:28 stand am Ende auf der Anzeigetafel.
Erste Beobachtung: Wenn man so möchte, kein schlechtes Ergebnis gegen den Tabellenführer, Staffelsieger und Aufsteiger.
Zweite Beobachtung: Wenn man so möchte, war das auch keine schlechte Saison.
Dritte Beobachtung: Wenn man so möchte, eignet sich das Spiel als gute Metapher für die Situation.
Auf dem Papier war die SSG gut aufgestellt. Zehn Feldspieler, selbst der Rückraum konnte vollständig besetzt werden. Coach Sander dachte sich wahrscheinlich: What a time to be alive. In der Realität musste man allerdings feststellen, dass die Mannschaft etwas aus dem Tritt gekommen war. Ein paar Corona-Fälle hatten es schwer gemacht, den Rhythmus über die vergangenen Wochen zu halten. Die Mannschaft ist nach der Saison wohl weniger eingespielt als noch zu Beginn der Saison.
Die erste Hälfte begann auf Augenhöhe. Humboldt brauchte nicht lange, um ins Spiel zu kommen, die Heimmannschaft erzielte direkt die ersten zwei Tore. Die Gäste zeigten sich davon jedoch kaum beeindruckt und zogen kurz darauf gleich. Nachdem etwa zehn Minuten gespielt waren, legten sie jedoch noch einmal einen Gang zu und konnten sich einen Zwei-Tore-Vorsprung erkämpfen.
SSG-Coach Sander reagierte mit einer außergewöhnlich frühen Auszeit nach rund 15 Minuten beim Stand von 6:8. Seine Idee: Auf der rechten Abwehrseite ließen die Reinickendorfer Gäste einige Lücken offen, die die SSG jedoch bisher zu wenig nutzte. Rückraumspieler Kunert sollte sich von nun an als Linksaußen tarnen, eine Aufgabe, die ihm ordentlich gelang, und so stand es nach rund 20 Minuten wieder unentschieden.
Das eine führte zum andern, die SG fühlte sich womöglich unter Druck gesetzt, und kassierte im Gegenzug zwei Zwei-Minuten-Strafe in den folgenden Minuten. Und auch wenn die SSG die Überzahl nutzte, um sich wiederum einen kleinen Vorsprung zu erarbeiten: Die Ausbeute war mau, das Überzahlspiel fühlt sich für die SSG nach wie vor wie eine Last an, die Unsicherheit steigt, überhastete Abschlüsse und Fehlpässe sind die Folge. Zusätzlichen Ertrag gab es also keinen, die Hälfte endete beim Stand von 15:13 für die SSG.
Alles gut, dachten und sagten sich die Humboldtianer, weiter so, und wie so oft zeigte die zweite Hälfte, dass Dinge leichter gesagt als getan sind. Denn die 2-Minuten-Ernte der Gäste blieb hoch, drei weitere Male legten sie sich nicht ganz regelkonform mit den Spielern der SSG an, und wieder konnte die SSG sich nicht klar absetzen.
Zwar gab es im Angriff auch immer wieder sehenswerte Tore, gerade der nahtlose Nehrling hatte am Strande von Dubai wohl nicht nur Sonnenbrand getankt, sondern scheinbar auch seinen rechten Arm trainiert. Anders ist die Kraft nicht zu erklären, die er seit einigen Wochen in seine Bälle legt, die auch noch das Tor treffen.
Doch die Achillesferse in diesem Spiel war das Abwehrspiel der SSG; unklares Stellungsspiel von Abwehr und Torhüter Lindenau ließen vor allem den gegnerischen Rückraumspieler Kelling zu einfachen Toren kommen, am Ende standen bei ihm zehn Tore im Protokoll. Dazu kam neben Pech noch fehlendes Glück: Gegenstöße landeten auf Köpfen. Harte Fouls wurden nicht geahndet. Die Gäste kämpften sich langsam heran, und so stand es in der 50. Minute schließlich wieder unentschieden: 22:22.
Es war auch die Zeit, in der die SSG die Aufmerksamkeit des Schiedsrichters übermäßig auf sich zog: Nerlich und Körnig kassierten jeweils Zeitstrafen, mit einem Drei-Tore-Lauf konnte sich die SG schließlich absetzen und einen 25:28-Sieg einfahren.
Summa summarum: Diese Saison hatte viele Hürden, mit der aber auch andere Mannschaften zu kämpfen hatten. In dieser Situation konnte die SSG nicht glänzen – aber sie enttäuschte auch nicht. Und gerade deswegen kann man dieser wunderbaren Mannschaft an dieser Stelle wirklich keinen Vorwurf machen.
Zum letzten Spieltag der Saison erwartet alle Spieler, Fans und begeisterten Menschen ein Kracherspiel der Sonderklasse am 15.5. gegen den TSV Marienfelde in der Wartiner Straße.
SSG Humboldt: Lindenau (Tor), Dessau (2), Körnig (2), Bartsch (3), Kunert (8/3), Nerlich (2), Neetzow (4/1), Hessenius (2), Mogwitz (2), Albadesh