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Wie Humboldt zweimal übers Ziel hinausschoss und es schließlich verfehlte

Hereinspaziert, hereinspaziert, eine neue Saison in der Stadtliga Berlins steht an, und auch dieses Jahr ist sie wieder dabei: die SSG Humboldt, der sympathischste Handballverein, den die Hauptstadt zu bieten hat. Das sagen zumindest ausgewählte Berichterstatter und hey, es haben schon klügere Köpfe dümmere Dinge ins Internet geschrieben.

Los ging es dieses Mal mit einem Auswärtsspiel bei BSC Rehberge, und Vorsicht, das Lesen der folgenden Absätze dürfte alles andere als vergnügungssteuerpflichtig sein.

Tatsächlich sollte gerade über die erste Halbzeit eigentlich der Mantel des Schweigens nicht nur ausgebreitet werden, nein, eigentlich sollten die Armlöcher dieses Mantels zugenäht und der Mantel an sich an den Hallenboden getackert werden, damit bloß kein Sterbenswörtchen über dieses Spiel nach Außen dringt.

Aber gut, machen wir es trotzdem. Um es freundlich auszudrücken: Die SSG nutzte die ersten dreißig Minuten, um sich halbherzig auf die neue Handballsaison einzustimmen und vergass dabei dummerweise auch noch größtenteils das Handballspielen. Ausnahmslos alle Spieler standen in der ersten Halbzeit neben sich; jeder Humboldtianer konnte weder sein eigenes Können abrufen noch zu irgendeiner Art von Teamspirit beitragen, der die Mannschaft aus der Lethargie hätte reißen können. Und genau das konnten die Gastgeber des BSC Rehberge nutzen.

So gelang es den Hausherren zum einen dank dösender Verteidiger immer wieder über die Außen zum Torerfolg zu kommen, zum anderen nutzten sie die mangelnde Kommunikation im Mittelblock, um sich in der Kleingruppe Lücken zu erspielen und frei von sieben, acht Metern zum Wurf zu kommen. Kein Wunder also, dass allein zwei Spieler aus dem Rehberger Rückraum im Laufe des gesamten Spiels zwanzig Tore erzielten; das vor allem den unflinken Füßen der SSG-Abwehr zu verdanken, und stand einmal doch ein Verteidiger im Weg, passten die Absprachen mit dem Torhüter im Blockspiel kaum.

Bemerkenswert also, dass die SSG zum Halbzeitpfiff nur mit vier Toren hinten lag, ein Stand von 17:13 ist auf dem Papier alles andere als hoffnungslos. Der Grund dafür: Auch die Abwehr von Rehberge hatte einen löchrigen Tag, und (noch) traf der Angriff der SSG recht zuverlässig.

Wer nun dachte, dass in der zweiten Hälfte alles besser werden sollte, der wurde enttäuscht. Die Weddinger Heimherren starteten stark aus der Kabine. Die einprasselnden Gegentore inspirierten noch dazu den angeschlagen Mogwitz dazu, sich zwei Strafminuten wegen Meckerns von der Bank einzufangen. Innerhalb von zwölf Minuten hatte Rehberge ihren Vorsprung fast verdoppelt — 25:18 zeigte die Anzeige.

Aushilfscoach und Enthusiast Engemann wusste diesen Tiefpunkt allerdings für sich zu nutzen. Er nahm eine Auszeit und hielt eine „Alles oder nichts“-Ansprache, die tatsächlich fruchten sollte. Die SSG kämpfte sich ran. Tor für Tor schmolz der Vorsprung. Zehn Minuten vor Schluss führte Rehberge lediglich mit vier Toren, war da noch was drin?

Auftritt René Haeske. Der Neuzugang der SSG hatte bis dahin vor allem im Angriff auf der Mitte eine starke Einzelleistung gezeigt, vier Tore erzielt, davon eins nach einer sagenhaften Pirouette. Jetzt aber überdrehte Hitzkopf Haeske. Nach einer unglücklichen Abwehraktion kassierte er eine Zeitstrafe, bekam sein Mundwerk nicht unter Kontrolle, eine zweite Strafe hinterher, zack, Trainingsjacke an, ab auf die Tribüne.

Der Bann der SSG hatte einen ordentlichen Knacks erlitten und Rehberge ließ sich nicht einfach unterkriegen, der Stand zum Schlusspfiff: 32:28. Ärgerlich zwar, und doch bleibt Humboldt noch das Rückspiel und die Erkenntnis: In der zweite Hälfte hatten sie das Spiel lediglich nicht gewonnen; verloren hatten sie es in der ersten Hälfte.

SSG Humboldt: Lindenau (Tor), Dessau (4), Fischer, Kunert (10/2), Albadesh (4), Bartsch (2), Hessenius (1), Mogwitz (1), Nerlich, Neetzow (1), Haeske (4)

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