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Ein real-existierendes Führungsproblem

Unter Druck entstehen Diamanten. So lautet ein weiser Leitspruch sowohl aus der Chemie als auch aus der Motivationslehre und wer die Experimentierfreunde der SSG Humboldt kennt, weiß: Warum nicht mal an einem freundlichen Samstagnachmittag bei den Sportsfreunden des TSV Marienfelde beides zusammenführen?

Natürlich würde niemand behaupten, dass das, was die SSG ins Spielprotokoll unter „Spieler“ eintrug einem Sack Kohle geglichen hätte, der sich erst in einen Sack Diamanten verwandeln müsste. Aber mit zehn Spielern (darunter zwei Torhüter, einem Interims-Spielertrainer und einem Periodensystem voller Trainingsrückstände) war nicht wirklich von einer rosigen Ausgangslage zu sprechen. Dazu kam die klare Niederlage aus dem ersten Spiel gegen NARVA III – der Kampf um die ersten zwei Punkte der Saison war ernst. 

Die Vorgabe von Interims-Trainer Engemann (Scharfmacher Sander war aus unerfindlichen, aber nachvollziehbaren Gründen verhindert) wirkte auf den ersten Blick wie milder Wahnsinn: Zur 10. Minute soll es 5:1 stehen.

Nun gab es für den in der DDR aufgewachsene Engemann ein großes Hallo mit seiner eigenen Vergangenheit, denn schon in der neunten Minute hatte die SSG sechs Tore erzielt, die Hausherren aus Marienfelde hingegen lediglich eins. Angesichts dieser Planüberfüllung zogen Erinnerungen an den realexistierenden Sozialismus vor Engemanns innerem Auge vorbei und er dachte sich frohlockend: Die SSG in ihrem Lauf hält auch Marienfelde nicht auf. 

Eine frühe Auszeit von Marienfelde sollte ihn jedoch auf den Boden der Tatsache zurückbringen und er machte das, was früher undenkbar gewesen wäre: Er passte sein Ziel an. Von nun an ging es ihm darum, diesen doch recht komfortablen Vorsprung zu halten. 

Und das schien den SSG-Recken zu gelingen. Kai „Achillesferse“ Dessau formte mit Candlelight-Kunert auf der linken Seite des Spielfelds ein gefährliches Duo, so dass Dessau auf der Außenposition die hart erkämpften Räume für saubere Abschlüsse nutzen konnte. Auch sein Rechts-Pendant Nerlich war gefährlich und treffsicher, insgesamt erzielten die beiden nominellen Außen acht Tore und waren so ein Faktor, der stets von der Marienfelder Abwehr bedacht werden musste. Die SSG konnte Schritt für Schritt ihre Führung immer weiter ausbauen – vom 1:6 zu einem 3:9 und dann schließlich einem 8:14 zur Halbzeit. 

Ein weiterer Faktor, der das Spiel nachhaltig beeinflussen sollte, war der Sportfreund Greif an der Pfeife, der zum einen dankenswerterweise den Job übernommen hatte, zum andern noch dankenswerterweiserer (hach, die deutsche Sprache) den ausgepowerten SSGlern öfter eine kleine Pause zusprach. So kam es dazu, dass die Gäste gelegentlich in einfacher oder sogar doppelter Unterzahl auf dem Feld standen und so die Engemann’sche Maxime des Vorsprungshaltens harte Kämpfe mit der Realität austrug. 

Dabei sind zwei Momente aus dem SSG-Spiel noch gesondert zu erwähnen: Zum einen wäre da Qualitätssicherer Herrschel, der zeigte, was passiert, wenn seine produktive Phase auf einen Samstagnachmittag fällt – in der 52. Minute musste er nach der dritten Zeitstrafe auf die Tribüne.

Zum anderen wäre da Potentialentfalter Körnig, der mit einem Funkelfeuerwerk in den Augen fünf Tore warf, aber – und das ist womöglich fast noch wichtiger – auf ein reguläres Tor verzichtete, damit Siebenmeter-Filter bloß nicht den Anschluss an die Spitze der Torschützenliste verlor. 

Zum Ende des Spiels musste die SSG dann jedoch am eigenen Leib spüren, dass die Kräfte nachließen: Im Abschluss fehlte die letzte Konsequenz, auch Dessau und Nerlich taten sich schwer; in der Abwehr, die die meiste Zeit Spiels kaum Fehler gemacht hatte, häuften sich die Ungenauigkeiten; Marienfelde kämpfte sich Tor für Tor heran. Für einen erfolgreichen Schlussspurt war es jedoch zu spät, mit dem Endstand von 23:27 fuhr die SSG Humboldt die ersten zwei Punkte der Saison ein. 

Das nächste Spiel findet am 3.10. um 16 Uhr in der Wartiner Halle statt, es geht gegen Pokalgegner SG OSF Berlin II. Wer ein verkatertes und verschworenes Team sehen möchte, ist herzlich auf der Tribüne eingeladen: Am Abend zuvor findet ein Teamabend statt. 

SSG Humboldt: Lindenau, Röhle (beide Tor), Weißinger, Kunert (7), Engemann, Körnig (5), Filter (6/1), Dessau (4), Nerlich (4), Herrschel (1) 

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